Stellungnahme zum Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD
10.03.2025
Das aktuelle Sondierungspapier (08.03.2025) von CDU, CSU und SPD formuliert umfassende Reformen im Bereich Wirtschaft, Arbeit und Soziales, die aus Sicht des DBSH kritisch zu bewerten sind. Besonders problematisch ist die geplante Reform des Bürgergelds zur "neuen Grundsicherung" mit verschärften Sanktionen. Der DBSH lehnt Sanktionen ab, die Menschen in prekären Lebenslagen weiter unter Druck setzen, anstatt sie nachhaltig zu unterstützen.
Das aktuelle Sondierungspapier (08.03.2025) von CDU, CSU und SPD formuliert umfassende Reformen im Bereich Wirtschaft, Arbeit und Soziales, die aus Sicht des DBSH kritisch zu bewerten sind. Besonders problematisch ist die geplante Reform des Bürgergelds zur "neuen Grundsicherung" mit verschärften Sanktionen. Der DBSH lehnt Sanktionen ab, die Menschen in prekären Lebenslagen weiter unter Druck setzen, anstatt sie nachhaltig zu unterstützen. Die Erfahrung – wie auch die Studie des Vereins Sanktionsfrei (Sanktionsfrei | Studie) – zeigt, dass massive Leistungskürzungen, insbesondere ein 100-prozentiger Leistungsentzug, weder zielführend noch verfassungskonform sind. Bereits in der Vergangenheit hat das Bundesverfassungsgericht betont, dass Sozialleistungen das Existenzminimum absichern müssen. Eine Politik, die Druck und Strafen in den Fokus rückt, verschärft soziale Ausgrenzung, Stigmatisierung und führt nicht zu einer nachhaltigen Arbeitsmarktintegration.
Arbeitsmarktpolitik: SPD und CDU – zwischen Widersprüchen und Druck
Besonders bemerkenswert ist, dass sich die SPD in ihrem Wahlprogramm ursprünglich für eine sozial gerechtere Arbeitsmarktpolitik ausgesprochen hat. Sie wollte Langzeitarbeitslose gezielt fördern und einen entfristeten sozialen Arbeitsmarkt etablieren. Doch im Sondierungspapier hat sie sich mit der CDU auf eine harte Gangart geeinigt, inklusive massiver Sanktionen für Bürgergeldempfänger*innen. Dies steht im Widerspruch zu den eigenen Versprechen, soziale Sicherheit zu stärken und Menschen durch Qualifizierungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch nimmt es die Fortschritte, die durch die ursprüngliche Bürgergeldreform erzielt wurden und dem eigentlichen Anspruch der SPD entsprechen (SPD.de: Der Weg für das Bürgergeld ist frei) komplett zurück. Stattdessen setzt die SPD nun gemeinsam mit der CDU auf eine restriktive Linie, die vor allem auf Druck basiert. Der DBSH fordert stattdessen eine Erhöhung der Mittel für berufliche Weiterbildung, sozialpädagogische Begleitung und individuell angepasste Förderungen statt pauschaler Sanktionen. Auch die bessere Vernetzung zwischen Sozialer Arbeit und Jobcentern ist essenziell, um langzeitarbeitslose Menschen nachhaltig in Arbeit zu integrieren.
Kinder- und Jugendpolitik: Fehlende Impulse trotz SPD-Wahlversprechen
Die Themen Jugendhilfe, Jugendarbeit, Kindergrundsicherung und Schulsozialarbeit bleiben im Sondierungspapier vage. Während die SPD im Wahlkampf eine Stärkung der sozialen Infrastruktur für Kinder und Jugendliche forderte, finden sich davon kaum noch konkrete Maßnahmen in den Verhandlungsergebnissen mit der CDU. Insbesondere eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung und zusätzliche Mittel für Schulsozialarbeit wurden nicht klar verankert. Das ist eine verpasste Chance, Kinderarmut wirksam zu bekämpfen und Chancengleichheit zu fördern. Der DBSH fordert, dass unter Anderem die Bereiche nach §11 ff. SGB VIII durch eine bessere und verlässlichere Finanzierung deutlich gestärkt werden, damit die dort formulierten Aufträge auch tatsächlich umgesetzt werden können.
Migrationspolitik: Härtere Maßnahmen statt Integration
Auch in der Migrationspolitik zeigt sich, dass die SPD in den Verhandlungen mit der CDU deutlich nach rechts gerückt ist. Während im Wahlkampf noch eine integrationsfördernde Politik betont wurde, sieht das Sondierungspapier nun schärfere Maßnahmen zur Begrenzung der Migration vor. So soll der Familiennachzug weiter eingeschränkt und eine härtere Gangart bei Abschiebungen eingeführt werden. Gleichzeitig fehlt es an echten Integrationsmaßnahmen, etwa beim Zugang zu Sprachkursen oder Arbeitsmarktförderung. Der DBSH fordert eine humane Migrationspolitik, die Menschen unterstützt, statt sie auszugrenzen.
Bezahlkarte: gezielte Diskriminierung vulnerabler Gruppen
Die Bezahlkarte führt zwangsweise zu einer weiteren Spaltung unserer Gesellschaft: zwischen Menschen, die fliehen mussten und Menschen, die in Sicherheit leben. Durch die Bezahlkarte wird im Alltag offensichtlich, wer welcher Gruppe zugehört. Somit kann die geplante deutschlandweite Einführung nur kritisiert werden, insbesondere weil sie grundlegende Menschenrechte ignoriert.
Bildungschancen für Kinder: Neue Herausforderungen ohne alte Probleme zu lösen
Die SPD wie auch die Union formulieren den Anspruch, dass alle Kinder gerechte und gleiche Bildungschancen für ein selbstbestimmtes Leben haben sollen. Sie gehen dabei nicht darauf ein, dass insbesondere der Bereich der KiTas seit Jahren unterfinanziert ist und aktuell mit massiven Problemen zu kämpfen hat (Wissenschaftler*innen schlagen Alarm: KiTas vor dem Kollaps). In dem Sondierungspapier haben sie die Chance vertan, Antworten auf die alltäglichen Probleme zu skizzieren, die über das vage Versprechen von einer verbesserten Finanzierung hinausgehen.
Fazit
Die geplanten Reformen im Bereich Sozialpolitik drohen soziale Ungleichheiten zu vertiefen, anstatt sie zu reduzieren. Besonders die SPD entfernt sich mit ihrer Zustimmung zu härteren Sanktionen, restriktiver Migrationspolitik und fehlenden sozialen Investitionen von ihren ursprünglichen Wahlkampfversprechen.
Der DBSH fordert eine Politik, die auf soziale Sicherheit, Stärkung der Teilhabe und menschenwürdige Arbeitsmarktintegration setzt. Das Sondierungspapier setzt zu stark auf Kontrolle, Strafen und Druck, anstatt nachhaltige, soziale Lösungen zu schaffen. Wir fordern die SPD auf, ihren Grundsätzen und ihrem Parteiprogramm entsprechend Verantwortung zu übernehmen!