Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V.

Stellungnahme zur Aufhebung der Kostenheranziehung junger Menschen in erzieherischen Hilfen

28.02.2020

Von: Fachbereich Streetwork im Funktionsbereich Kinder- und Jugendhilfe

Ansprechperson: Felix Rittershaus (streetwork(at)dbsh(dot)de)

Am 9. März findet im Familienausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung zum Thema der Kostenheranziehung junger Menschen in stationären oder teilstationären Jugendhilfemaßnahmen statt (§90ff SGB VIII). Grund hierfür sind unter anderen Anträge der FDP- und der Linksfraktion der letzten Monate, die eine mindestens teilweise Aufhebung der, schon des Öfteren in der Kritik stehenden1, Kostenheranziehung junger Menschen in Jugendhilfemaßnahmen forcieren.

Gemäß der aktuellen Gesetzeslage können und werden Jugendliche und junge Erwachsene, die in einer Pflegefamilie oder einer voll- oder teilstationären Jugendhilfemaßnahme leben, mit bis zu 75% ihres Einkommens zur Finanzierung der selbigen herangezogen. Hierdurch müssen diese jungen Menschen meist einen Großteil ihrer Ausbildungsvergütung oder ihres, durch einen Schülerjob selbständig erarbeiteten, Einkommens wieder abgeben und darüber hinaus wird es ihnen gleichfalls erschwert Rücklagen für ihr späteres Leben zu bilden. In der Realität führt diese Regelung häufig dazu, dass bei den Jugendlichen gar kein Interesse besteht eine solche Tätigkeit aufzunehmen, da es sich in ihren Augen schlicht nicht lohnt.

Dabei sind die betreffenden Personen häufig schon in schwierigsten Lebensverhältnissen aufgewachsen, wodurch ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und die freie Entwicklung ihrer Persönlichkeit schon in frühen Jahren erschwert wurde. Ziel der Jugendhilfe sollte es deshalb sein bestehende Ungleichheiten auszugleichen und gerade diesen jungen Menschen einen möglichst guten Start in ihr Erwachsenenleben zu ermöglichen.

Die bestehenden Regelungen zur Kostenheranziehung tragen dazu definitiv nicht bei, sondern erschweren vielmehr einen ungehinderten Eintritt in die Mündigkeit und eine eigenständige Lebensführung. Sie implizieren außerdem eine Verantwortung der Jugendlichen selbst für die Notwendigkeit der jeweiligen Jugendhilfemaßnahme. Gerade deshalb begrüßt der DBSH die betreffende Gesetzesinitiative und plädiert für eine vollständige Aufhebung der Kostenheranziehung der Jugendlichen.

 


1 Careleaver e. V. et al.  (2019), Berliner Erklärung: https://www.uni-hildesheim.de/media/fb1/sozialpaedagogik/Forschung/Gut_begleitet_ins_Erwachsenenleben/Berliner_Erkla__rung_Rechtsanspruch_Leaving_Care_18032019.pdf


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