Inklusion als Möglichkeit
26.11.2015
Grundlegend ist die Frage, für wen Inklusion überhaupt gedacht ist. In der deutschen Debatte wird dieser Begriff oftmals auf die Bevölkerungsgruppe der Menschen mit Behinderungen beschränkt. Jedoch betrifft es weitaus mehr als nur eine spezielle Gruppe innerhalb einer Gesellschaft. Dieses Gebiet ist sehr facettenreich und bedarf einer weitreichenden Aufklärungsarbeit in den verschiedensten Arbeitsfeldern. Oftmals weiß man nicht wirklich, mit dem Thema Inklusion in den jeweiligen Handlungsfeldern umzugehen.
"Inklusion muss sich in pluralistischen Strukturen entwickeln und somit sukzessive vom traditionellen Fürsorgesystem lösen", so René Wenk. Die Frage sei deswegen: Schließen sich Inklusion und Fürsorge aus? Gibt es Parallelen? Kann Fürsorge als Unterstützung angesehen werden und wenn ja, wie sieht diese aus? Wie wird Normalität definiert? (Inklusion und Soziale Marktwirtschaft).
Bei der ganzen Betrachtung sollte Inklusion als „Möglichkeit“ angesehen werden und nicht als etwas, dem jede_r folgen muss. Pluralität sollte gefördert und Dinge ermöglicht werden, so die eindeutige Stellung aller Mitglieder der bundesweiten Arbeitsgruppe. Die Teilnahme jedes Einzelnen am Gesamten sollte im Vordergrund stehen, welche oftmals durch Ängste aller Beteiligten zu Hemmnissen führt. Aus diesem Grund sei es notwendig in die verschiedenen Handlungsfelder der Sozialen Arbeit hineinzuschauen um somit Differenzen zu erkennen. Durch geeignete Maßnahmen und Aufklärung kann die Teilhabe bisher "von Diskriminierung betroffener Menschen" ermöglicht werden.
Dass diese Arbeit einen langen Atem benötigt ist nicht von der Hand zu weisen. Inklusion muss derzeit komplett hinterfragt werden, während sie gleichzeitig zur Hinterfragung von sozialer Wirklichkeit auffor-dert. Wofür Inklusion im Kern steht, ist oftmals sehr unklar. "Aus diesen Gründen ist dieses Thema ein zentrales Aufgabengebiet eines Berufsverbandes der sozialen Arbeit. Wir müssen uns diesem umfangreichen Thema stellen", so die eindringlichen Worte von Anna Oeder. Weiterführend forderte auch sie, dass erst einmal alles in Frage gestellt werden müsse. Bestehende Strukturen, Gesetzte und vieles mehr müssten näher durchleuchtet werden. Dazu zählt auch der gesamte Bildungsbereich, wie Beispielsweise der Kompetenzprüfung. Die derzeitigen Prüfungsmodalitäten für Schwerstbehinderte gäben diesen leider keine realen Chancen, stellte der Bundesvorsitzende Michael Leinenbach fest. Zudem stellte er folgende Fragen in den Raum, welche zum Nachdenken anregen sollten: Wer stellt Dinge fest? Wie und wer kann den Wissensstand bei Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen feststellen? Wer definiert Normalität für wen?
Laut Grundgesetz sollten alle Menschen die gleichen Chancen haben. Jeder muss das Recht der Teilhabe haben. Bei näherer Betrachtung kann davon in unserem Land nach wie vor nicht die Rede sein, vielmehr bedienen wir uns weiterhin der Diskriminierung von Gruppierungen anhand spezifischer Merkmale innerhalb der Gesellschaft. "Es liegt ein langer Weg einer gesellschaftlichen Änderung vor uns", betonte René Wenk. Weiter führte er hinzu, dass die selbstverständliche Zugehörigkeit aller Menschen in der Gesellschaft und die damit verbundenen Teilhabechancen jedes Einzelnen, viel Zeit und Mühe kosten wird. In diesem Kontext brachten Frederick Dellin und Rainer Bechstein noch die grundlegenden Bausteine eines erfolgreichen Umdenkens jedes Einzelnen mit ein. Die innere Haltung beschließe wie man zu etwas stehe, was schon in der Erziehung anfinge. Zusätzlich habe die Gesellschaft oftmals bewiesen, sich auf "Neues" einzustellen. Was früher als "Trend" bezeichnet wurde, sei im Laufe der Jahre zur "Selbstverständlichkeit" geworden. Durch eine aktive und strukturierte Aufklärungsarbeit, könne man zu einem Umdenken in der Gesellschaft beitragen. Wichtig dazu sei jedoch grundlegend, mit welcher Wertung an die Sache herangegangen werde.
Das nächste Netzwerktreffen der bundesweiten Kerngruppe "Inklusion" findet am Freitag, den 11.März 2016 in der Geschäftsstelle des DBSH in Berlin statt. Mit der Gründung des Netzwerkes wurde einerseits eine Plattform für Informationsaustausch geboten und andererseits werden durch Stellungsnahmen und Informationspapiere die politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen an ihren Handlungen gemessen und informiert.